Öffentlichen Uhren mit präziser Zeitanzeige waren im 19. Jahrhundert sehr gefragt. Zwei Systeme konkurrierten: Elektrizität und Luftdruck. Die ersten Hauptuhren, die Nebenuhren elektrische Impulse gaben, ließen an Zuverlässigkeit zu wünschen übrig. Daher waren einige der Ansicht, Luftdruck sei besser geeignet. Warum? „Sie [die Druckluft] ist nicht so empfindlich, dabei aber auch weniger launisch.“ Weiter hieß es, der Luftdruck verkörpere das männliche Prinzip der Stärke und Zuverlässigkeit, während die Elektrizität weiblich und damit sensibel sei. In einer Männerdominierten Gesellschaft gab man daher dem Luftdruck den Vorzug – wie bei dieser pneumatischen Nebenuhr, die Teil einer mit Luftdruck betriebenen Uhrenanlage war.
Männliche Idealvorstellungen lassen sich allerdings nicht ohne weiteres auf Naturkräfte übertragen. Und so kam es, dass sich die Elektrizität bei der Uhrentechnik durchsetzte. Frauenpower erwies sich als effektiver als „Männerluft“.
Pneumatische Nebenuhr, H. Letorey, Paris, um 1880, Inv. 2007-110