9.5

Hoch das Bein! Weckermädchen und die Brüder Tam-Tam

Die Junghans-Weckermädchen und die drei Brüder Tam-Tam der Firma Kienzle warben ab den 1920er Jahren mit langen Beinen und hohen Hüten für Uhren. Damit sollten sie für Aufsehen und erhöhten Umsatz sorgen.

Keine gemieteten Revuegirls, sondern fabrikangehörige Arbeiterinnen zeigten bei Junghans Bein – zuerst dem Prokuristen, bevor sie im Weckerkostüm auch vor geladenen Besuchern der Firma laufen durften.

Die Tätigkeit als Weckermädchen war bei den Arbeiterinnen nicht unbeliebt, kamen sie doch, eingesperrt in überdimensionierte Weckerkostüme, in die Öffentlichkeit. Dort bekamen sie viel Aufmerksamkeit von Uhrmachern und anderen Besuchern der Junghans-Fabrik. In der Zeit, in der sie als „Wecker“ für Belustigung sorgten, mussten die Arbeiterinnen keine Uhren montieren. Dieses Marketingkonzept funktionierte so gut, dass Junghans seine Arbeiterinnen von 1920 bis in die 1960er-Jahre Bein zeigen ließ.

Nicht nur bei Junghans, auch bei der Schwenninger Uhrenfabrik Kienzle sollte der Absatz mit menschlichen Werbeträgern gesteigert werden. „Tam-Tam“, der in drei verschiedenen Größen erhältliche Wecker, wurde auf der Leipziger Mustermesse von 1924 in Form dreier verschieden großer Männer vorgestellt, die man mit dem Flügelrad des Kienzle-Markenzeichens auf der Brust ausstattete.