Uhrenwissen  
Sigmund Rieflers Präzisionspendeluhren
Sigmund Riefler (1847-1912), Aufnahme um 1900
Das älteste erhaltene Uhrwerk von Sigmund Riefler mit Freier Federkrafthemmung, hergestellt 1890 (Inv. 2011-027)
Gangmodell mit Freier Federkrafthemmung, hergestellt von der Königl. Württ. Fachschule für Feinmechanik in Schwenningen, Anfang 20. Jhd. (Inv. 2011-026)
Riefler Sekundenpendeluhr Nr. 427 von 1920 (Inv. 2004-024)
Sigmund Rieflers Präzisionspendeluhren

Sigmund Riefler kam 1847 im Allgäu als Sohn eines Zirkel- und Uhrmachers zur Welt. Nach der Ausbildung zum Mechaniker studierte er an der Technischen Hochschule München.
1869 kam ihm die Idee zu einer neuartigen Hemmung für Präzisionsuhren: Dabei sollte „die Übertragung der Kraft vom Räderwerk auf die Unruhe durch Vermittlung der Spirale“ vor sich gehen. Riefler baute ein erstes Modell, aber weder dieses Modell noch „eine ganze Anzahl anderer Konstruktionen, die ich im Laufe der Jahre ausführte“, waren zufriedenstellend.

Erst Anfang 1889 gelang es ihm, eine Ausführung zu finden, „welche theoretisch vollkommen ist und gleichzeitig durch eine fast überraschende Einfachheit sich auszeichnet. Überdies ist dieselbe auch anwendbar für Pendeluhren mit vollständig freiem Pendel.“
Riefler beantragte ein Patent für seine Konstruktion und begann mit der Entwicklung einer Sekundenpendeluhr. Schon im folgenden Jahr war diese ausgereift. Das älteste erhaltene Werk stammt von 1890 und zeigt noch viele Spuren der Entwicklungsarbeit.

„Freie Federkrafthemmung“

so bezeichnete Riefler seine Erfindung. Diees war aber nur der Beginn einer ganzen Reihe von Verbesserungen, die Riefler patentieren ließ:

1891: Quecksilber-Kompensationspendel (DRP 60059)
1897: Nickelstahl-Kompensationspendel (DRP 100870)
1903: elektrischer Aufzug (DRP 151710)
1913: Schwerkrafthemmung mit zwei Antriebshebeln (DRP 272119)

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Firma Riefler führend bei der Herstellung von Präzisionsuhren. Wissenschaftliche Institute und staatliche Organisationen aus aller Welt bestellten Uhren im Allgäu.
Unter optimalen Bedingungen erzielten diese eine Gangabweichung von weniger als 1/100 Sekunde pro Tag. Sigmund Riefler erhielt dafür viele Preise, 1897 sogar den Ehrendoktor der Universität München.

Der Aufwand bei der Herstellung der Riefler-Pendeluhren war enorm. So wurde z.B. der Invar-Nickelstahl in einem mehrwöchigen Prozess künstlich gealtert und damit spannungsfrei gemacht. Alle Pendelteile wurden nach der mechanischen Bearbeitung auch noch poliert.

Dieser Aufwand hatte seinen Preis. Eine Riefler-Uhr kostete das Mehrfache eines durchschnittlichen Jahreslohnes. Entsprechend wurden nur wenige dieser Uhren gebaut, meist für wissenschaftliche und militärische Institutionen in der ganzen Welt.

Die Firma Riefler stellte auch nach dem Tod von Sigmund Riefler im Jahre 1912 weiterhin Präzisionspendeluhren her. Insgesamt wurden zwischen 1891 und 1965 knapp über 600 Pendeluhren und über 4000 Pendel gebaut.

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